Albius Tibullus

 

Albius Tibullus ist ungefähr 50 v. Chr. geboren und 19 v. Chr. gestorben. Er stammt aus dem Rittergeschlecht. Sein Todesdatum ließ sich dadurch ermitteln, dass Domitius Marsus in einigen Distichen erwähnte, Tibull sei im gleichen Jahr wie Vergil gestorben. Da Vergils Todesjahr bekannt war, war so nun auch Tibulls bekannt. Mit seinem Todesdatum konnte man auch sein ungefähres Geburtsjahr errechnen (wenn er als junger Mann bezeichnet wird).
Tibull hat zwei Bücher
Liebeselegien geschrieben, das erste hat zehn, das zweite sechs Bücher. Er veröffentlichte seine beiden Werke etwa 25/26 v. Chr. Im ersten Buch steht die Liebe zu einer gewissen Delia im Vordergrund. Außerdem lobt er an einigen Stellen seinen Gönner M. Valerius Messalla Corvinus, bei dessen ruhmreichen Feldzug nach Aquitanien Tibull mitgekämpft hat. In seinem zehnten Gedicht jedoch drückt er seine Friedenssehnsucht mit tief berührenden Bildern aus. In seinem zweiten Buch ist die Liebe zu einer gewissen Nemesis (=Rache) vordergründig. In diesem Buch ist die Grundstimmung jedoch eine ganz andere. Während er im ersten Buch einfach nur über unerwiderte Liebe klagt, klagt er im zweiten vielmehr über die Geldgier seiner geliebten Nemesis und seinem reichen Nebenbuhler. Seine Liebe geht hierbei soweit, dass er sogar in Erwägung zieht, sein väterliches Erbe zu verkaufen und seine Dichtkunst verwirft, da diese ihm kein Geld einbringt.
Charakteristisch für
Tibull ist der Traum eines bescheidenen, bäuerlichen Lebens mit seiner Geliebten. Er ist bereit, harte Arbeit zu leisten, jedoch auch froh über sein Erbe, das ihm diese erspart. Außerdem typisch für ihn ist sein Glaube an einen Zusammenhang zwischen der Fruchtbarkeit der Felder und der Verehrung von Göttern. Diese Götter sind jedoch nicht die olympischen, sondern die ländlichen (Pales, Silvanus, Priap, die Laren und Penaten). Tibull redet von den Göttern ohne jegliche Ironie oder irgendeinen Unterton wie es z. B. Ovid macht. Man kann sagen, dass Tibulls Gewichte in seinen Werken auf dem Traum eines ländlichen Lebens, seiner Liebessehnsucht, der Götterverehrung und dem Hoffnungsbild des Friedens liegen.

Literatur:
Herzog, Reinhart: s. v. Tibullus. In: Sontheimer, Walter und Ziegler, Konrat: Der Kleine Pauly, München 1975, Bd. 5, 819f.
Kröner
, Hans Otto: s. v. Tibull. In: Schütze, Oliver: Lexikon antiker Autoren, Darmstadt 1997, 720ff.

Verfasst von Isabel Oldengott (Grundkurs Latein 11 (2004/05))


Interpretation carmen I 1

 Carmen I 1 weist folgende typische Merkmale einer römischen Liebeselegie auf.

 

I. Protest gegen gesellschaftliche Normen

Verse 1/2

Divitias alius fulvo sibi congerat auro

Et teneat culti iugera multa soli,

 

Verse 5/6

Me mea paupertas vita traducat inerti,

Dum meus adsiduo luceat igne focus.

 

Verse 53-58

Te bellare decet terra, Messalla, marique,  

Ut domus hostiles praeferat exuvias;

Me retinent vinctum formosae vincla puellae

Et sedeo duras ianitor ante fores.

Non ego laudari curo, mea Delia;

Dum modo sim, quaeso segnis inersque vocer.

 

II. Foedus aeternum

 Verse 59/60

Te spectem, suprema mihi cum venerit hora

 Te teneam moriens deficiente manu.

 

Verse 61/62

 Flebis et arsuro positum me, Delia, lecto,

 Tristibus et lacrimis oscula mixta dabis.

 

III. Servitium amoris

Vers 56

Et sedeo duras ianitor ante fores.

 

IV. Subjektiv erotisch

Vers 59

Te spectem, suprema mihi cum venerit hora,

 

Vers 69

Interea, dum fata sinunt, iungamus amores:

 

V. Militia amoris

Verse 75-79

Hic ego dux milesque bonus: vos, signa tubaeque, 

 Ite procul, cupidis volnera ferte viris,

 Ferte et opes: ego conposito securus acervo 

 Despiciam dites despiciamque famem.

 

Marcell Nachtigall (Grundkurs Latein 11 (2008/09))