Der Lebenslauf eines Römers
Der Lebenslauf (curriculum vitae) eines Römers war nicht so starr geregelt, wie der eines Menschen in heutiger Zeit. Dennoch lässt sich das folgende Schema aufstellen.
Lebensjahr |
Bezeichnung | Erläuterungen (Schule, Politik, Gesellschaft) |
0-7. | infans | |
7.-16. | puer | Mit sieben
Jahren gingen die kleinen Römer (Jungen und Mädchen) in die
Elementarschule (ludus) zu einem
magister ludi. Mit elf oder zwölf Jahren war
diese Elementarschule abgeschlossen. Die höhere Bildung erhielten dann
nicht mehr alle bei einem grammaticus. Er
vermittelte den jungen Römern literarische und grammatische Kenntnisse.
Dazu zählte auch das Erlernen der griechischen Sprache. Mädchen konnten ab dem vollendeten 12., Jungen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr heiraten. |
17.-30. | adulescens | Der Junge Römer legte in der Regel mit 17 Jahren die toga praetexta ab und bekommt die toga virilis angelegt. Er tritt damit ins politische Leben ein, d. h. er erhält das Stimmrecht und darf am Militärdienst aktiv teilnehmen. |
31.-45. | iuvenis | Mit 43 Jahren konnte ein Römer in klassischer Zeit frühestens Konsul werden. |
46.-60. | senior | |
61.-Tod | senex |
Das Begräbnis eines vornehmen Römers war nicht nur eine persönliche Angelegenheit. Für den Griechen Polybios (ca. 200-120 v. Chr.), der lange Zeit als Geisel in Rom weilte, war so sehr davon beeindruckt, dass er ein Begräbnis in seinem Geschichtswerk schilderte.
Polybios VI 53 f.
53. Wenn in Rom ein angesehener Mann stirbt,
wird er im Leichenzug in seinem ganzen Schmuck nach dem Markt zu den so
genannten rostra, der Rednertribüne, geführt, meist stehend, so dass ihn alle
sehen können, nur selten sitzend. Während das ganze Volk ringsherum steht,
betritt entweder, wenn ein erwachsener Sohn vorhanden und anwesend ist, dieser,
sonst ein anderer aus dem Geschlecht die Rednertribüne und hält eine Rede über
die Tugenden des Verstorbenen und über die Taten, die er während seines Lebens
vollbracht hat. Diese Rede weckt in der Menge, die durch sie an die Ereignisse
erinnert wird und sie wieder vor Augen gestellt bekommt und zwar nicht nur bei
den Mitkämpfern, sondern auch bei den nicht unmittelbar Beteiligten, ein solches
Mitgefühl, dass der Todesfall nicht als ein persönlicher Verlust für die
Leidtragenden, sondern als ein Verlust für das Volk im Ganzen erscheint. Wenn
sie ihn dann begraben und ihm die letzten Ehren erwiesen haben, stellen sie das
Bild des Verstorbenen an der Stelle des Hauses, wo es am besten zu sehen ist, in
einem hölzernen Schrein auf. Das Bild ist eine Maske, die mit erstaunlicher
Treue die Bildung des Gesichts und seiner Züge wiedergibt. Diese Schreine öffnen
Sie bei den großen Festen und schmücken die Bilder, so schön sie können, und
wenn ein angesehenes Glied der Familie stirbt, führen sie sie im Trauerzug mit
und setzen Sie Personen auf, die an Größe und Gestalt den Verstorbenen möglichst
ähnlich sind. Diese tragen dann, wenn der betreffende Konsul oder Praetor
gewesen ist, Kleider mit einem Purpursaum, wenn Censor, ganz aus Purpur, wenn er
aber einen Triumph gefeiert und dementsprechende Taten getan hat, goldgestickte.
Sie fahren auf Wagen, denen Rutenbündel und Beil und die anderen Insignien des
Amtes, je nach der Würde und dem Rang, die ein jeder in seinem Leben bekleidet
hat, vorangetragen werden, und wenn sie zu den rostra gekommen sind, nehmen alle
in einer Reihe auf elfenbeinernen Stühlen Platz. Man kann sich nicht leicht ein
großartigeres Schauspiel denken für einen Jüngling, der nach Ruhm verlangt und
für alles Großes begeistert ist. Denn die Bilder der wegen ihrer Taten
hochgepriesenen Männer dort alle versammelt zu sehen, als wären sie noch am
Leben und beseelt, wem sollte das nicht einen tiefen Eindruck machen? Was könnte
es für einen schöneren Anblick gegen ?
54. Wenn nun der Redner über den, den sie zu Grabe tragen, gesprochen hat, geht
er zu den anderen über, die auf den rostra versammelt sind, und berichtet, mit
dem Ältesten beginnend, von den Erfolgen und Taten eines jeden. Da auf diese
Weise die Erinnerung an die Verdienste der hervorragenden Männer immer wieder
erneuert wird, ist der Ruhm derer, die etwas großes vollbracht haben,
unsterblich, das ehrende Gedächtnis der Wohltäter des Vaterlandes bleibt im
Volke wach und wird weitergegeben an Kinder und Enkel. Vor allem aber wird die
Jugend angespornt, für das Vaterland alles zu ertragen, um ebenfalls des Ruhmes,
der dem verdienten Mann folgt, teilhaftig zu werden. Dies wird durch folgendes
bestätigt. Viele Römer haben sich freiwillig zum Zweikampf gemeldet, und damit
den römischen Sieg zu entscheiden, nicht weniger haben den sicheren Tod gewählt,
teils im Krieg, und die anderen zu retten, teils Frieden, und die Existenz des
Staates zu sichern. Einige haben sogar als Träger eines Amtes ihre eigenen Söhne
hinrichten lassen, da sie die Wohlfahrt des Landes höher achten als die Liebe zu
denen, die ihnen am teuersten waren.
Übersetzung von Hans Drexler