Römische Wertbegriffe

 

I. Nach altrömischen Vorstellungen zeichneten einen vir vere Romanus
folgende Tugenden aus:

 

fides virtus

 

pietas
Treue

Tapferkeit

Pflichtgefühl

 

fides

Fides ist das im Menschen, was seine gegenüber einem anderen eingegangene Bindung oder Verpflichtung zu einer sittlichen Bindung macht und so das Vertrauen des anderen begründet. Sie kann als „wechselseitige Redlichkeit“ umschrieben werden. Ein typisches fides-Verhältnis war die Beziehung zwischen patronus und cliens.

virtus

Virtus ist abzuleiten von vir und umfasst die den Mann besonders auszeichnenden Eigenschaften, Kraft und Tapferkeit. Virtus ist der Inbegriff der Männlichkeit. Da das Soldatsein im Kriege den Mann von der Frau unterscheidet, so wird virtus zum Inbegriff der militärischen Tugend mit allem, was dazu gehört, körperlicher Leistungsfähigkeit, persönlichem Mut, Disziplin, Befehlen- und Gehorchenkönnen, Ausdauer in Niederlagen, Mäßigung im Siege.

pietas

Pietas bezeichnet das Pflichtgefühl gegenüber Eltern, Kindern, Verwandten, Staat (res publica / patria) und Göttern. Vgl. Cic. rep. VI 16: „iustitiam cole et pietatem, quae cum magna in parentibus et propinquis, tum in patria maxima est; ea vita via est in caelum“ und Cic. inv. II 66: „pietatem, quae erga patriam aut parentes aut alios sanguine coniunctos officium conservare moneat.“ Verkörperung der pietas ist vor allem Vergils Aeneas.

 

II. Die sittliche Vollkommenheit - virtus (honestum) nach Cicero

 

Das ciceronische Tugendsystem geht auf die platonische Tugendlehre zurück (vgl. Platons „Politeia“). Bei ihm findet sich die erste systematische Ausgestaltung der Kardinaltugenden.

Demzufolge umfasst die virtus vier Kardinaltugenden (virtutes cardinales)

 

sapientia
(prudentia)

iustitia

fortitudo

temperantia
(modestia)

Weisheit

Gerechtigkeit

Tapferkeit

Selbstbeherrschung

 

 

III. Herrschertugenden (am Beispiel des Augustus)

 

Mit der Einführung des Prinzipats  bildete sich auch in Rom ein Tugendkanon für den idealen Herrscher (Princeps) heraus.

 

virtus clementia

 

iustitia pietas
Tapferkeit Milde Gerechtigkeit Pflichtgefühl

 

Vgl. dazu den Tatenbericht des Augustus zu den Ehrungen des Jahres 27 v. Chr.:

 

Res gestae divi Augusti 34 auxilia
Quo pro merito meo senatus consulto Augustus appellatus sum et laureis postes aedium mearum vestiti publice coronaque civica super ianuam meam fixa est et clupeus aureus in curia Iulia positus, quem mihi senatum populumque Romanum dare virtutis clementiaeque et iustitiae et pietatis causa testatum est per eius clupei inscriptionem. meritum, i n. - Verdienst
laurea, ae f. - Lorbeer
postis, is m. - Pfosten, Türpfosten; Tür
vestire - hier: schmücken
corona civica - Bürgerkrone
ianua, ae f. - Tor, Tür
clupeus, i m. - Schild, Ehrenschild
testari - bezeugen, bekunden
inscriptio, ionis f. - Inschrift

 

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